Heidelbergman 2007 – Bericht einer Kampfrichterin

Wir treffen uns bereits um 06:30 Uhr an der Wechsel-Zone, besprechen die Einsätze und gehen nochmals die Ausschreibung durch. Und dann natürlich die Klärung der wichtigsten Frage: Neo, ja oder nein? Die Wasser-Temperatur beträgt 21,8°C, ein ganz klares JA!, die Grenze für eine olympische Distanz sind 21,9°C. Und schon kommen die ersten Triathleten zum Einchecken: Der Helm wird auf Passform und Beschädigungen kontrolliert, das Rad auf offene Lenkerrohre wegen der erhöhten Verletzungsgefahr bei Stürzen. Und die Stopfen gehen schnell mal verloren, zum Glück für etliche Teilnehmer hat Marion Weinkorken und ein Taschenmesser dabei, während ich mit Schraubverschlüssen eingedeckt bin. Ansonsten hätten wir einige wieder wegschicken müssen mit der Auflage, den Mangel zu beheben. Alle sind einsichtig, es gibt keine unnötigen Diskussionen.

Um 08:15 ist der Check-In beendet. Wir können etwas verschnaufen, einen Kaffee trinken, Getränke- und Essensgutscheine bekommen wir vom Veranstalter sowie eine Tagespauschale von 25 Euro, die Fahrtkosten übernimmt der BWTV. Und schon ist der Startschuss erfolgt, wir verteilen uns auf unsere Posten. Ich bin heute in der Radwechselzone eingesetzt, meine Aufgabe ist es nun, darauf zu achten, dass niemand den anderen mit Absicht behindert, dass die Helme geschlossen sind bevor die Athleten das Rad aus der Wechselzone schieben. Und sollte jemand seine Schwimmbrille, Bademütze oder ähnliches einfach irgendwohin werfen, ist ein kleines Gespräch angesagt, um den dadurch gewonnen Zeitausgleich wieder rückgängig zu machen. Doch bald schon gleicht die Wechselzone einem Irrenhaus, es ist fast nicht möglich, in diesem Tohuwabohu noch den Überblick zu bewahren. Trotzdem entdecke ich zwei Triathleten, die im Eifer des Gefechtes ohne Startnummer davon wollen und bei einer weiteren Triathletin ist die Kette unten. Ich bin ihr behilflich. Eigentlich müssen wir Kampfrichter neutral sein, aber jeder von uns drückt zwischendurch mal ein Auge zu. Und jetzt muss ich doch schmunzeln. Einer der letzten, welcher die Wechselzone verlassen möchte, entdeckt plötzlich, dass er noch sein großes, schweres Bügelschloss am Lenker hängen hat. Er steht relativ verwirrt da mit dem Schloss in der Hand, ich kann nicht anders, ich nehme ihm das Schloss ab und bringe es zu seinem Platz zurück. Und während der letzte Schwimmer sich noch hingebungsvoll zwischen den Zehen abtrocknet, treffe ich mich mit den anderen, der zweite Ansturm ist glücklich überwunden.

Eine knappe Stunde später bin ich wieder beim Einsatz. Jetzt ist es vor Allem wichtig, dass keiner den Helm öffnet bevor das Fahrrad auf der Stange hängt – und dass keiner abkürzt. Gerade bei den Ersten des Feldes passiert es schnell, dass sie einfach quer durch die Wechselzone laufen, da nur wenige Räder den Weg versperren. Und ich muss tatsächlich einige zurückpfeifen, unter anderem mit Bernd einen aus dem eigenen Verein und mit Derk einen Arbeitskollegen. Aber ich kann und will keine Ausnahmen machen! Zwischendurch erkläre ich noch einigen Zuschauern die wichtigsten Regeln. Ich bin froh, als die große Masse ankommt und Abkürzungen nicht mehr machbar sind. Dafür könnte ich jetzt die Schallplatte mit dem Titel „Startnummer nach vorne!!“ auflegen…

Kurz vor 13:00 haben wir Besprechung. Zunächst allgemein die Diskussion über das Windschattenfahren. Inzwischen ist bei der meisten Wettkämpfen durch die große Teilnehmerdichte eine Pulkbildung eigentlich unvermeidbar. Sei es beim Kraichgau-Triathlon, wo innerhalb von 5 Minuten 200 Athleten gleichzeitig auf die Radstrecke gehen oder hier in Heidelberg, wo sich mit den Staffelteilnehmern auf der 15-km-Runde auf dem Königsstuhl fast 800 Radfahrer befinden. Die Meinungen gehen auseinander. Während die einen am liebsten nur noch bei 1000% sicheren Situationen Zeitstrafen geben würden, würden die anderen gerne mindestens 50 schwarze Karten verteilen in der Hoffnung, dass es danach beim Veranstalter Beschwerden hagelt über die Startmodalitäten. Schon mit Wellenstarts könnte man das Ganze entzerren, aber dann wäre es nicht mehr so zuschauerfreundlich. Und eine Reduzierung der Teilnehmerzahl ist auch nicht realistisch. Ich bin gespannt, wie dieses Problem gelöst werden wird. Dann muss noch das offizielle Formular für den BWTV ausgefüllt werden: Wassertemperatur, Bojen, Begleitboote, Streckenposten, Verpflegung, Kilometerangaben, Führungsfahrzeug, Besenwagen, Rettungsfahrzeuge, Verwarnungen, Zeitstrafen, Disqualifikationen, Unfälle, das sind die wichtigsten Punkte, die durchgegangen werden müssen. Gegen 14:30 haben wir es geschafft. Ich bin fast so k.o., als ob ich selbst mit gemacht hätte und faulenze den Rest des Tages am Baggersee.

Nachtrag 2008: Seit diesem Jahr haben die Gelben Karten (Verwarnung) wieder Konsequenzen, d.h., dreimal gelb bedeutet Disqualifikation!

Christiane Selter